Investitionen in den Verkehr waren schon oft ein Milliardengrab - und rasch sind ein paar Milliarden verloren

Der Börsengang - Fraport unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten betrachtet

Eine Serie in 6 Teilen von Ralf Roth - Teil 6:

Die Fraport AG hängt direkt von den Fluggesellschaften und dem Verkehrsaufkommen ab.  Sie stellt nur die Infrastruktur zur Verfügung und ist sozusagen die Autobahnmeisterei des Flugverkehrs oder  ein Bahnhof - und damit kommen wir zu einem weiteren Problempunkt. Historisch ist es evident, daß gerade die Investitionen in Verkehrsinfrastruktur stets riskant, selten wirklich lukrativ waren und deshalb zumeist auf den Staat und die Allgemeinheit abgewälzt worden sind. Straßenbau war z. B. in Deutschland immer eine Angelegenheit des Staates und auch der Schienenbau und daran gekoppelt die Eisenbahngesellschaften lagen meist in staatlicher Hand. Es gibt einige wenige Perioden, in denen sich privates Kapital im Infrastrukturbereich des Verkehrssektor versuchte und das waren die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts.

Sie endeten in der Gründerkrise von 1873, die von dem Untergang des größten deutschen Konzerns - den Unternehmen des Eisenbahnkönigs Bethel Henry Strousbergs - eingeleitet wurde. Überbordenden wirtschaftlichen Erwartungen folgten nach einem Börsensturz fast 20 Jahre lang ein nur mäßiges wirtschaftliches Wachstum. Die Zeit ging als "Große Depression" in die Geschichte ein.



Bild 7: Karikatur Die Sage vom Untergang des Laokoon und seiner beiden Söhne als drohendes Schicksal für Strousberg, den Herzögen Ujest und Ratibor

Strousberg rutschte in die Zahlungsschwierigkeiten, weil er bei einem großen Bauprojekt in Rumänien, die Bauprobleme unterschätzt hatte. Er verlor nicht nur viel Geld, sondern vor allem den Nimbus eines kompetenten Unternehmers, dem alles gelang. Mit dem Glauben an seine Fähigkeit, schwand der wirtschaftliche Erfolg.

Eine Vorstellung, wie rasch es geht, durch kurzfristige, wenig fundierte Entscheidungen ein paar Milliarden in den Sand zu setzen, hat die Fraport AG, ehem. FAG 1999/2000 selbst gegeben - als sie sich zusammen mit Hochtief mit Mitteln und Methoden um den Bau des nationalen Flughafens Berlin-Brandenburg bewarb, die hart an der Grenze zur Illegalität waren.

Der FAG wurde vorgeworfen, "dass sie Vertragsbeziehungen zur WIB unterhielt, die als technische Planer und Berater unmittelbar in die Vorbereitungen des Projekts involviert war. Deren Kontake waren laut Ausschreibung  ausdrücklich untersagt. Ferner habe die FAG vier Spezialisten aus den eigenen Reihen an die WIB ausgeliehen, damit diese ihren Planungsauftrag erfüllen konnte. Die Zugehörigkeit dieser Mitarbeiter zur FAG soll jedoch verschleiert worden sein." 1)
Damals schrieb die FAZ: "Wilhelm Bender, Rausflieger, hat sich dem Verdacht ausgesetzt zu "tricksen" und deshalb jetzt das Nachsehen. Das Hochtief-Konsortium, zu dem dei Frankfurter Flughafen AG gehört, wurde wegen Wettbewerbsverstößen vom Verfahren für den Bau und Betrieb des Berliner Hauptstadtflughafens ausgeschlossen. Eine unerfreuliche Bruchlandung." 2)

Das Engagement, für das der Vorstandsvorsitzende der FAG verantwortlich zeichnete, führte nicht nur zu einer erheblichen Verzögerung des Flughafenbaus für die deutsche Hauptstadt, sondern auch zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die nur aus Mangel an einem direkten Geld-Schaden eingestellt wurden.

"Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter der Hochtief AG (darunter Vorstand Wolfhard Leichnitz), der Flughafen Frankfurt AG (darunter Vorstandschef Wilhelm Bender) sowie gegen den Chef der Ingenieurberatungsgesellschaft WIB, Herbert Märtin, eingestellt. Zwar habe sich bestätigt, dass die Beschuldigten im Zuge des Vergabeverfahrens für den geplanten Berliner Großflughafen regelwidrig zusammengearbeitet haben und dabei unter anderem FAG-Mitarbeiter mit der Ausführung von Planungsleistungen der Auftrag gebenden Projektplanungsgesellschaft Schönefeld (PPS) betraut waren. Diese Mängel im Privatisierungsverfahren, die inzwischen zum Ausschluss des Hochtief-Konsortiums führten, reichten nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber nicht für eine Anklageerhebun aus, weil kein Vermögensschaden im Sinn des untersuchten Betrugsvorwurfs entstanden sei."3)

Die damalige FAG schrammte hart an einer Anklage vorbei und verlor einen milliardenschweren Auftrag. Beides zeugt nicht gerade von souveräner Sachkompetenz. In der hilflosen Aggressivität des FAG-Managements deutete sich damals bereits an, wie sehr der Kampf um den Flugmarkt bereits entbrannt ist. 4) Weit scheint es also mit der allgemein prognostizierten Marktexpansion und sicheren Gewinnen nicht her zu sein. Dies bestätigt auch die bisherige Entwicklung von Fraport.

Anmerkungen
1. Der Berliner Großflughafen bleibt vorerst ein Fall für die Gerichte, in: FAZ v. 13. Januar 2000.
2. FAZ v. 13. Februar 2000.
3. Justiz stellt Ermittlungen zum Flughafen-Projekt ein.
4. "Die Manager der Frankfurter Flughafen AG (FAG) sind zu fast allem bereit." Aggressives Wachstum, in: Der Spiegel 3/2000, 51.
 

Verzeichnis der für die Abbildungen benutzten Quellen
Bild 7: Manfred Ohlson, Der Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg. Berlin 1987, 198.
 

Alle erwähnten Pressebeiträge sind im Presse-Archiv der BIL nachgewiesen.

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