Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
ich darf Sie zur heutigen Demonstration des Bündnisses der über 60 Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet, die sich unter dem Motto "gegen Flughafenausbau - für eine Nachtflugverbot" zusammengeschlossen haben, recht herzlich begrüßen und tue dies im Namen der gleichsam gastgebenden Bürgerinitiative Luftverkehr Offenbach. Wir Offenbacher sind froh und dankbar, daß sich das Bündnis entschlossen hat, die diesjährige Großdemonstration gerade in dieser unserer Stadt abzuhalten. Denn hier in Offenbach zeigen sich ganz deutlich beide Aspekte unseres Kampfes. Unser Widerstand richtet sich nämlich sowohl gegen den derzeit bestehenden Zustand, als auch gegen die unseligen Ausbaupläne von Fraport, der Hessischen Landesregierung und der sonstigen Ausbaubefürworter.
In Offenbach manifestiert sich ganz genau die Unhaltbarkeit schon des gegenwärtigen Zustandes. Wenn ich meine Worte im Süden Offenbachs, etwa Bieber, Tempelsee oder Lauterborn an Sie richten würde, so wäre ich jetzt schon zweimal durch Fluglärm unterbrochen worden. Dies passiert in den Hauptflugzeiten in minütlichem Abstand, tag-täglich. So geht es auch unseren Kindern in den dortigen Schulen, die deswegen zur Sommerzeit bei geöffnetem Fenster keinen ungestörten Unterricht mehr genießen können. Ganz besonders schlimm wird es während der Nachtzeit. Ihnen allen ist sicher bekannt, daß sich in den letzten 5 Jahren die Zahl der nächtlichen Flüge verdoppelt hat. Welche äußert schädlichen Auswirkungen dies hat, wird im Laufe der Veranstaltung noch besonders dargestellt werden. Nur soviel stelle ich schon jetzt fest: der Flughafen nimmt uns das nach der Freiheit höchste Gut, nämlich unsere Gesundheit. Wenn in diesem Zusammenhang etwa die Frankfurter Oberbürgermeisterin Frau Roth darauf verweist, daß uns ja die Freiheit verbliebe, nämlich die demokratische Freiheit des Wegziehens, so kann ich hier ganz einfach und schlicht sagen: Wir wollen unsere angestammte Heimatstadt nicht verlassen. Was wird uns hier angesonnen und vor allen Dingen, welche Folge hätte dies für unsere Stadt?
Wir wenden uns aber nicht nur gegen den bestehenden Zustand, sondern im besonderen Maße auch gegen die Ausbaupläne. Wenn die derzeit favorisierte neue Landebahn im Kelsterbacher Bannwald gebaut werden würde, so wäre nicht nur der Offenbacher Süden, sondern die gesamte Stadtgemarkung verlärmt. Offenbach wäre unter vernünftigen Bedingungen unbewohnbar. Die Beruhigungspille, die in diesem Zusammenhang der Flughafenchef Bender uns Offenbachern hat zu geben versucht, nämlich daß es dann doch im Offenbacher Süden leiser würde ist eine Verhöhnung. Zum einen hat man dies nur als bloße vage Möglichkeit in den Raum gestellt, zum anderen würde diese Entlastung durch die ernorme Erhöhung der Flugfrequenz, wir erinnern uns, es werden 120 Flugbewegungen pro Stunde angestrebt, wieder zunichte gemacht, aber zusätzlich das gesamte Stadtgebiet betroffen sein.
Wir sind froh und dankbar dafür, daß die Stadt Offenbach am Main, unterstützt von fast allen Parteien im Stadtparlament, wie auch viele anderen Gemeinden uns im Kampf gegen den Ausbau unterstützen und zahlreiche wohlfundierte Klagen sowohl gegen den bestehenden Zustand eingereicht als auch angekündigt haben, sie würden auch angestrebte Flughafenerweiterung beklagen. Wir, die Bürgerinnen und Bürger selbst, haben auch mit Hilfe des Instituts zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Lärm e.V. den Gerichtsweg beschritten.
Meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
damit wir uns recht verstehen, ich habe Ihnen die Situation Offenbachs nicht als Lokalpatriot, sondern deswegen dargestellt, weil am Beispiel dieser Stadt die Situation im gesamten Rhein-Main-Gebiet deutlich wird. Uns allen nimmt der Flughafen unsere Gesundheit, und er gibt nichts. Das Arbeitsplatzargument ist als falsch entlarvt worden, und zwar von Fraport selbst. Denn von den 250.000 angeblichen neuen Arbeitsplätzen sind in der sog. Mediation nur noch 90.000 übrig geblieben, und dann in den Unterlagen des Flughafens im Rahmen des Raumordnungsverfahrens nur noch etwas über 20.000. Und selbst diese Zahl beruht auf wachsweichen Prognosen, die durch die Ankündigung, in den nächsten Jahren würden 2000 Arbeitsplätze abgebaut werden, Lügen gestraft werden.
Lüge ist auch die Versicherung, es werde ein wohlgemerkt Mini- - Nachtflugverbot für nur sechs Stunden eingeführt. Der Hess. Minister für Wirtschaft, Herr Posch, hat ein Gutachten erstellen lassen, dass dies rechtlich gar nicht möglich sei, der Lufthansachef Weber stößt ins gleich Horn, und die Post kommt wieder mit dem Totschlagargument der Arbeitsplätze. Wäre der Flughafen auch nur ein Fitzelchen glaubhaft, so hätte er im Raumordnungsverfahren schon ein Nachtflugverbot beantragt. Auch hier wird wieder nur getrickst, so wie beim angestrebten Planfeststellungsverfahren für das Großraumflugzeug A 380, das nicht nur etwa eine kleine zusätzliche Wartungshalle sichern soll, sondern vielmehr den Ausbau durch die Hintertür bedeuten würde. Auch hier ist im übrigen von einem Nachtflugverbot, und sei es nur für das Großraumflugzeug, nicht die Rede.
Der Flughafen ist nicht das Herz der Region. Das sind Sie und ich, nämlich die Bürgerinnen und Bürger. Der Flughafen ist noch nicht einmal der Herzmuskel. Es ist widersinnig zu behaupten, ohne Flughafenausbau würde die Region gleichsam in Schutt und Asche sinken. Es war auch historisch gesehen schon immer falsch, wenn eine Region sich auf ein einziges Unternehmen oder einen einzigen Industriezweig konzentriert hat, um Prosperität zu erreichen und zu sichern. Im übrigen sagen mir die Mediziner, wenn ein Herzmuskel zu stark wird, zu dick wird, dann nutzt er dem Herzen überhaupt nichts mehr, sondern er schädigt das Herz und gerade diese Situation haben wir schon jetzt.
Meine Damen und Herren,
in diesem Sinne bedanken wir Offenbacher uns für Ihre heutige Unterstützung und wir Offenbacher unterstützen im Gegenzug selbstverständlich und aus voller Überzeugung auch jeden anderen Einwohner und jede andere Einwohnerin in der gesamten Region im Kampf gegen die Ausbaupläne und gegen den derzeitigen Zustand. Nur vereint sind wir stark, Sankt-Florian nützt niemandem - außer dem Flughafen. Wir wollen uns nicht nur heute öffentlich zeigen und unseren Protest artikulieren, sondern auch in Zukunft. Ich bitte Sie, lassen Sie darin nicht nach. Verlassen Sie sich nicht nur auf die juristischen Möglichkeiten, so wichtig und richtig sie auch sind. Es ist mindestens genauso entscheidend, daß wir alle unseren Widerstand deutlich machen und artikulieren. Dies fällt uns leicht, wir haben die besseren Argumente, und niemand soll uns wegen unseres Protestes als Chaoten, Umstürzler, weltferne Spinner oder gar als Gewalttäter bezeichnen - wir sind ganz normale Bürgerinnen und Bürger und kämpfen nur für unser Menschenrecht auf Gesundheit und intakte Umwelt.
In diesem Sinne wünsche ich der heutigen Demonstration einen guten Verlauf.
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