Flughafenausbau ohne Ende?
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Es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, daß im sogenannten Mediationsverfahren der Ausbau einstimmig gerechtfertigt oder gar beschlossen wurde. Sechs Vertreter der Kommunen wandten sich gegen den Ausbau. Die Befürworter, insbesondere FAG und Lufthansa, kehrten schon wenige Stunden nach Bekanntgabe des Berichts dem angeblich unauflösbaren Paket den Rücken, insbesondere wurde das Nachtflugverbot (das im Übrigen schrittweise schon vor dem Ausbau eingeführt werden sollte) den Rücken. Die einzige Rechtfertigung für den Ausbau, auch im Mediationsendbericht, ist das Arbeitsplatzargument. Die entsprechenden Gutachten nimmt jedoch inzwischen niemand mehr ernst - es sind keine Gutachten, sondern Spekulation. Nur wenige der befragten Firmen (894 von 7.000) schickten den Fragebogen überhaupt zurück. Sie sollten angeben, wieviel Arbeitnehmer sie im Jahre 2015 bei einem "ungehinderten Ausbau" einer und bei einem Nichtausbau andererseits beschäftigen würden. Frage Sie einmal Ihren Chef, wieviele Arbeitnehmer er im Jahre 2015 bei völlig unveränderten Bedingungen beschäftigen wird: Er wird Ihnen mit Recht sagen, er wolle nicht im Kaffeesatz lesen. Aber gerade auf einer solchen unsicheren Prognose beruht das ganze Arbeitsplatzargument. Daß es falsch ist, wird durch wissenschaftliche Gegengutachten bewiesen. Auch ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie schlecht es um die Arbeitsplatzversprechungen der FAG bestellt ist: vor dem Bau der Cargo-City-Süd wurden 6.000 neue Arbeitsplätze versprochen, herausgekommen sind ganze kümmerliche 500. Daß das Rhein-Main-Gebiet auf die angebliche "Job-Maschine" überhaupt nicht angewiesen ist, wird durch die klare und eindeutige Aussage des Arbeitsamtsdirektors in Frankfurt am Main belegt: er führt aus, daß der angebliche Arbeitskräftebedarf des Flughafens durch die Bevölkerung des Rhein-Main-Gebietes überhaupt nicht befriedigt werden kann, weil wir schon bald wirtschaftliche Vollbeschäftigung haben werden es wäre also Zuzug von außerhalb erforderlich, mit allen nachteiligen Folgen für unsere Infrastruktur.
Selbst das Mediationsverfahren erklärt klar und eindeutig, daß Lärm krank machen kann (S. 37). Des Nachts solle eine Dauerschallpegel von 32 dbA "am Ohr des Schläfers" nicht überschritten werden, und Einzelschallereignisse von über 52 bis 53 dbA sollten in der Nacht nicht häufiger als "6 bis 11 mal pro Nacht" auftreten. Für Kinder sollen freilich noch niedrigere Werte (etwa 10 dbA weniger) gelten. Diese Werte werden aber schon heute in vielen Gebieten überschritten, und dann soll noch draufgesattelt werden? Sollen etwa in Offenbach keine Kinder mehr aufgezogen werden dürfen oder werden diese in schalldichte Kellerräume verbannt? Wird für unsere Kinder eine Art moderner Käfighaltung verlangt? Wie menschenverachtend der Ausbau wäre, zeigen einige Überflughöhen (beispielhaft dargestellt an der von Koch favorisierten Ausbauvariante): 34 Meter über Kelsterbach, 239 Meter über Flörsheim. Auch für Offenbach bedeutet diese Ausbauvariante eine erheblich zusätzliche Belastung: 42.000 Menschen werden zusätzlich mit 60 dbA, 18.000 mit 62 dbA (S. 147 des Mediationsendberichtes). Wußten Sie, daß eine Steigerung des Lärms um nur 3 dbA für das menschliche Ohr eine Verdoppelung des Lärms bedeutet? Eine Vorbemerkung hierzu: die FAG wird mit allen drei Ausbauvarianten ins Raumordnungsverfahren gehen: daß der Ausbau im Kelsterbacher Wald kommen wird, ist zwar der Wunsch des Ministerpräsidenten, aber noch keinesfalls beschlossene Sache. Bei jeder Ausbauvariante wird Offenbach in erheblichem Maße zusätzlich belastet werden. Schon aus Offenbacher Sicht ist daher jeder weitere Ausbau abzulehnen, das Argument "Demokratisierung des Lärms" zieht nicht. Im übrigen machen Luftschadstoffe nicht vor Gemarkungsgrenzen halt, und man kann weder aus christlicher, aber auch nicht aus demokratische Sicht anderen zumuten, was man selbst nicht haben will. Das Rhein-Main-Gebiet ist eine Einheit, die einzelnen Gemeinden hängen von einander ab würden etwa die im Süden Offenbachs gelegenen Gemeinden beim Bau einer Südbau unzumutbar verlärmt, so bräche für Offenbach ein Teil des Hinterlandes weg. Und haben Firmen und Beschäftigte immer den gleichen (Wohn-)Sitz? Auch hier eine Vorbemerkung: in allen (deutschen und europäischen) Normen ist unter "Nacht" die Zeit von 22 bis 6 Uhr zu verstehen. Für die FAG soll dies nicht gelten: 6 Stunden Schlaf sollen uns allen, auch den Kindern genügen! Nach den angeblich so sicheren Prognosen würde bei einem Ausbau nach etwa sieben Jahren auch die Kapazität einer neuen Bahn bereits wieder erschöpft sein. Gibt es dann die nächste, in weiteren sieben Jahren die übernächste Bahn? Übrigens: man hört überhaupt nichts dazu, wie die FAG die Zeit bis zur Inbetriebnahme der jetzt in Rede stehenden Bahn überbrücken will. Haben auch Sie noch die Worte der Politiker nach dem Bau der Startbahn 18 West im Ohr "kein Baum wird mehr fallen". Erst vor rund acht Jahren wurden Waldgebiete zum Bannwald erklärt, und jetzt soll er schon nicht mehr schützenswert sein. Wo bleibt die Verlässlichkeit der Politik? In diesem Zusammenhang muß noch einmal dargestellt werden, wieso der Frankfurter Flughafen ausgebaut werden soll: nur um dessen Drehkreuzfunktion zu stärken und ihn zum großen Umsteigebahnhof aufzurüsten. Es geht also gerade nicht darum daß ohne Ausbau die Bürger(innen) in der Region nicht mehr in Urlaub fliegen können oder unsere heimische Industrie nicht mehr per Luftfracht im- oder exportieren könnte. Nein, der Ausbau dient nur dazu, damit die Kurz- und Mittelstreckenflüge aus allen Himmelsrichtungen hier enden, also gleichsam gesammelt werden und dann im "Drehkreuz Frankfurt" in die Fernverbindungen umgestiegen wird. Damit verdient zwar die FAG das große Geld, aber glauben Sie, daß ein Passagier hier beim Umsteigen viel einkauft oder Dienstleistungen in Anspruch nimmt? Und den Umsteigern ist gleich, wo sie umsteigen. Die über 50 Bürgerinitiativen im Bündnis "Gegen den Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot" sind keine Flughafengegner, wohl aber Flughafenausbaugegner; wir sind auch keine "notorischen Neinsager", sondern sagen ja zum Gesundheitsschutz, zur Bewohnbarkeit der Region und zur Werterhaltung unseres Eigentums. Wir fordern intelligente Alternativen zur Bewältigung des Verkehrs. So etwa Verlagerung von Fracht- und Touristenflügen nach Hahn oder anderen Flughäfen mit freier Kapazität, den Ausbau des Eisenbahnnetzes als Ersatz für Kurzstreckenflüge und Schluß mit der einseitigen Subvention des Flugverkehrs. Die Besteuerung des Flugbenzins ist längst überfällig, und es ist nicht einzusehen, daß Flugreisen als einziges Verkehrsmittel von der Mehrwertsteuer befreit sind. So könnte der Staat Geld in die Kassen bekommen und damit sinnvoll Arbeitsplätze schaffen ohne Nachteile für die Flughafenanrainer. Die FAG hat in den vergangenen 20 Jahren immer nur genommen, nämlich unserer Ruhe und Gesundheit. Sie muß nunmehr ihrerseits erst einmal etwas bieten, bevor Anlaß besteht, beim gewünschten "regionalen Dialogforum" mitzuwirken. Soff doch die FAG einmal als Zeichen guten Willens das auch von der Mediation geforderte Nachtflugverbot für nur zwei Nachtstunden in Kraft setzen, anstatt immer nur vom Dialog mit der Region zu reden, gleichwohl aber ständig mehr Belastungen zu schaffen. |
Was können wir tun? |
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