Höre und lese von dem Begehren eures Bürgermeisters, den A380 in Frankfurt zu verhindern. Komme
aus dem Staune nicht raus... Man sagt ja, die Bürger haben ihren Bürgermeister so, wie sie ihn verdienen.
Frage: Haben die Offenbächer Bürger denn wirklich so einen Typ verdient? Wäre es nicht jetzt an der Zeit, diesen
wegen Verbreitens von April-Nonsens während der herbstlichen Zeit an die frische Luft zu setzen?"
Was ein E-Mail-Schreiber aus der Fremde drastisch formuliert, dürfte gestern keine seltene Reaktion gewesen
sein. Dank einer von Bürgermeister Horst Schneider (z.Z. in den Herbstferien) für den als günstigst erachteten Zeitpunkt
vorbereiteten Forderung an Hessens Ministerpräsident besetzt Offenbach so viel Nachrichtenplatz in gedruckten und
elektronischen Medien wie seit den Hooligan-Ausschreitungen am Himmelfahrtstag 1999 nicht
mehr. Diesmal ist der Krawall im Rathaus angezettelt worden, und Menschen außerhalb der Stadt ist nicht zu
verübeln, wenn sie sich dem Sprecher der Landesregierung anschließen. "Der spinnt, der Offenbacher Bürgermeister",
macht Dirk Metz auf, Comic-Gallier.
So muss es bei oberflächlicher Betrachtung auch wirken: Horst Schneider (und hinter ihm natürlich auch
Oberbürgermeister Gerhard Grandke) will der interessierten Bevölkerung mutwillig den Spaß mit dem erstmals in
Frankfurt landenden Riesenairbus verderben und ignoriert in provinzieller Kleingeistigkeit die phänomenale
technische Leistung, die hinter dem Doppeldecker-Airbus steckt. Wer wollte da dem eisern bleibenden Wirtschaftsminister
nicht Beifall klatschen und die doofen Offenbacher mit Hohn überschütten?
Tatsächlich aber ist es viel komplizierter. Denn mitnichten wollte Schneider aus der spontanen Laune eines
notorischen Flughafengegners heraus die Fraport-Party schon im Vorfeldsprengen - falls doch, wäre ein Antrag
bei Gericht auf eine einstweilige Anordnung wohl das probatere Mittel gewesen. Vielmehr sollte breite Öffentlichkeit
hergestellt werden für ein Anliegen, das Offenbach nicht erst seit gestern bewegt, von den Verantwortlichen
in der Landesregierung und an der Fraport-Spitze jedoch geflissentlich ignoriert wird: Die Landebahnen in
Frankfurt sind entweder nicht für den neuen Düsengiganten ausgelegt oder aber ohne Genehmigung, sprich:
illegal, verbreitert worden. Für ersteres spricht das Gerücht, der A380 dürfe heute nur mit den beiden inneren
seiner vier Triebwerke landen, weil die äußeren unbefestigtes Erdreich aufwirbeln könnten...
Der aktuelle öffentlichkeitswirksame Vorstoß aus dem Rathaus ist Teil des Kampfs des über Gebühr von Fluglärm
belasteten Offenbachs gegen neue Zumutungen. Und eine solche ist - neben der als dritter Einflugschneise
über Lederstadt-Dächern geplanten Nordwestbahn - der zusätzliche Verkehr durch den anfliegenden A380.
Offenbacher Proteste (BUND, SPD) gegen das Projekt sind schon für das Jahr 2002 nachzuweisen. Dem Wirtschaftsministerium
liegen städtische Schreiben vom 2. November 2004, 21. Dezember 2004 und 23. Juni 2005, in denen
auf eine Unzulässigkeit von Airbus-Landungen hingewiesen wird. Die Reaktion bis gestern darauf: Schweigen im
Wiesbadener Wald.
Wer also findet es vor diesem Hintergrund noch übertrieben oder gar lächerlich, dass die Offenbacher das bevorstehende
Airbus-Spektakel genutzt haben, um ihr Anliegen publik zu machen? Der eigentliche Skandal ist
doch, dass auf dem Flughafen selbstherrlich Veränderungen vorgenommen oder aber internationale Vorschriften
ignoriert werden. Sollte dies in der nächsten Zeit thematisiert werden, dann hat sich für Bürgermeister Horst
Schneider das Verspottetwerden gelohnt. Und wenn man in der Landesregierung eben meint, Offenbach sei das Dorf der
Spinner, bitteschön: Wer seinen Asterix kennt, weiß wohin solche,
Fehleinschätzungen führen können.
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