Juristischer Erfolg für Gegner des Flughafen-Ausbaus
Ausbau mit Brechstange

Verwaltungsgerichtshof erklärt Regionalplan für nichtig

Bericht und Kommentar der Offenbach Post vom 31. Juli 2004 zum Flughafenurteil


Verwaltungsgerichtshof erklärt Regionalplan für nichtig

Offenbach (alk/dpa) Nach Einschätzung der Stadt Offenbach hat ein gestern veröffentlichtes Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) dem laufenden Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens die rechtliche Grundlage entzogen. Die Standortfrage müsse nun ganz neu diskutiert werden, sagte Rathaussprecher Carlo Wölfel.

Der VGH erklärte den Regionalplan Südhessen für nichtig. Die Landesregierung habe den Plan im November 2000 unbefugt geändert, begründet das Gericht. Es seien Nebenbestimmungen erlassen worden, die den ursprünglichen - von der Regionalversammlung Südhessen - verabschiedeten Plan wesentlich veränderten.

Die Stadt Flörsheim hatte dagegen geklagt, dass die Landesregierung ihr wegen der Ausbauplanung untersagte, Flächen als Wohngebiete auszuweisen. Eine Offenbacher Klage, die ebenfalls das Ziel hatte, den Regionalplan für nichtig zu erklären, aber einen anderen Passus des Plans angriff, lehnten die Richter ab.

"Wir freuen uns, dass wir dank der Flörsheimer trotzdem unser Ziel erreicht haben", kommentierte Wölfel. "Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für alle, die den Flughafenausbau übers Knie brechen wollen", sagte Flörsheims Bürgermeister Ulrich Krebs (CDU). Er sprach von einem Erfolg im Kampf gegen einen "unzumutbaren Eingriff" in die Planungshoheit der Stadt. Nun gelte wieder der Plan von 1995, nach dem eine Erweiterung des Flughafens nur innerhalb des Zaunes zulässig sei. Wie die Offenbacher sind die Flörsheimer der Ansicht, dass andernfalls das Raumordnungsverfahren neu aufgerollt werden müsse.

Für das hessische Wirtschaftsministerium hat die VGH-Entscheidung dagegen keinen Einfluss auf den Flughafen-Ausbau.

Dazu der Kommentar von Alexander Koffka "Ausbau mit Brechstange"

Der Flughafenausbau mit der Brechstange - wie ihn Landesregierung und Fraport seit Jahren versuchen - ist zum Scheitern verurteilt. Das hat ihre neuerliche Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof einmal mehr deutlich gemacht. Entgegen den Lippenbekenntnissen von Fraport-Chef Wilhelm Bender und Ministerpräsident Roland Koch versuchen die Verantwortlichen seit Jahren, die ihrer Ansicht nach sinnvollste Variante durchzupeitschen - eine neue Landebahn im Nordwesten des Flughafens. Den vielbeschworenen Konsens mit der Region haben sie längst gekündigt.

Mit dieser "Augen zu und durch"-Strategie haben sie unter anderem Offenbachs Oberbürgermeister Gerhard Grandke - ein erklärter Befürworter des weiteren Wachstums am Flughafen - in die Reihen der Ausbaugegner getrieben. Landesregierung und Fraport haben ignoriert, dass sich ein Vorhaben dieser Dimension nicht gegen den Willen großer Teile der Region durchsetzen lässt. Nun stehen sie vor einem Scherbenhaufen. Das Urteil nimmt ihnen gleichsam die juristische Basis ihres Handelns. Zwar wird kein Gericht der Welt das laufende Planfeststellungsverfahren stoppen. Aber die Chancen der Ausbaugegner, die Ergebnisse des Verfahrens hinterher gerichtlich auszuhebeln, sind mit dem jüngsten Urteil weiter gestiegen.

Wie hilflos die Landesregierung agiert, illustrierte gestern ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Gegenüber der Deutschen Presseagentur erklärte er, es sei nicht schlimm, dass das Gericht den Regionalplan für nichtig erklärt hat. Der Landesentwicklungsplan sei wichtiger. Offenbar haben die Wiesbadener neben vielen Flughafenklagen auch die Orientierung verloren. In einem früheren Verfahren hatte Offenbach erreicht, dass der Landesentwicklungsplan für nichtig erklärt wurde. Damals tröstete sich die Landesregierung damit, der Regionalplan sei wichtiger.

Jetzt, liebe Koch-Regierung, hilft nur noch eine Kehrtwende: Mit dem Gestümper beim Flughafenausbau muss endlich Schluss sein. Die einzige Chance, ein völliges Debakel zu vermeiden, ist, mit der Region gemeinsam eine vernünftige und verträgliche Perspektive für den Flughafen zu entwickeln. Dafür ist es höchste Zeit!

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BIL Offenbach