Verwaltungsgerichtshof erklärt Regionalplan für nichtig
Offenbach (alk/dpa)
Nach Einschätzung der Stadt Offenbach hat ein gestern veröffentlichtes Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH)
dem laufenden Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens die rechtliche Grundlage entzogen. Die Standortfrage müsse
nun ganz neu diskutiert werden, sagte Rathaussprecher Carlo Wölfel.
Der VGH erklärte den Regionalplan Südhessen für nichtig. Die Landesregierung habe den Plan im November 2000 unbefugt geändert,
begründet das Gericht. Es seien Nebenbestimmungen erlassen worden, die den ursprünglichen - von der Regionalversammlung Südhessen - verabschiedeten Plan wesentlich veränderten.
Die Stadt Flörsheim hatte dagegen geklagt, dass die Landesregierung ihr wegen der Ausbauplanung untersagte, Flächen als Wohngebiete auszuweisen. Eine
Offenbacher Klage, die ebenfalls das Ziel hatte, den Regionalplan für nichtig zu erklären, aber einen anderen Passus des Plans angriff, lehnten die
Richter ab.
"Wir freuen uns, dass wir dank der Flörsheimer trotzdem unser Ziel erreicht haben", kommentierte Wölfel. "Das Urteil ist eine schallende
Ohrfeige für alle, die den Flughafenausbau übers Knie brechen wollen", sagte Flörsheims Bürgermeister Ulrich Krebs (CDU). Er sprach
von einem Erfolg im Kampf gegen einen "unzumutbaren Eingriff" in die Planungshoheit der Stadt. Nun gelte wieder der Plan von 1995, nach
dem eine Erweiterung des Flughafens nur innerhalb des Zaunes zulässig sei. Wie die Offenbacher sind die Flörsheimer der Ansicht, dass andernfalls
das Raumordnungsverfahren neu aufgerollt werden müsse.
Für das hessische Wirtschaftsministerium hat die VGH-Entscheidung dagegen keinen Einfluss auf den Flughafen-Ausbau.
Dazu der Kommentar von Alexander Koffka "Ausbau mit Brechstange"
Der Flughafenausbau mit der Brechstange - wie ihn Landesregierung und Fraport seit Jahren versuchen - ist zum Scheitern verurteilt.
Das hat ihre neuerliche Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof einmal mehr deutlich gemacht. Entgegen den Lippenbekenntnissen
von Fraport-Chef Wilhelm Bender und Ministerpräsident Roland Koch versuchen die Verantwortlichen
seit Jahren, die ihrer Ansicht nach sinnvollste Variante durchzupeitschen - eine neue Landebahn im
Nordwesten des Flughafens. Den vielbeschworenen Konsens mit der Region haben sie längst gekündigt.
Mit dieser "Augen zu und durch"-Strategie haben sie unter anderem Offenbachs Oberbürgermeister Gerhard
Grandke - ein erklärter Befürworter des weiteren Wachstums am Flughafen - in die Reihen der Ausbaugegner
getrieben. Landesregierung und Fraport haben ignoriert, dass sich ein Vorhaben dieser Dimension nicht gegen
den Willen großer Teile der Region durchsetzen lässt. Nun stehen sie vor einem Scherbenhaufen. Das Urteil
nimmt ihnen gleichsam die juristische Basis ihres Handelns. Zwar wird kein Gericht der Welt das laufende
Planfeststellungsverfahren stoppen. Aber die Chancen der Ausbaugegner, die Ergebnisse des Verfahrens hinterher
gerichtlich auszuhebeln, sind mit dem jüngsten Urteil weiter gestiegen.
Wie hilflos die Landesregierung agiert, illustrierte gestern ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Gegenüber
der Deutschen Presseagentur erklärte er, es sei nicht schlimm, dass das Gericht den Regionalplan für
nichtig erklärt hat. Der Landesentwicklungsplan sei wichtiger. Offenbar haben die Wiesbadener neben vielen
Flughafenklagen auch die Orientierung verloren. In einem früheren Verfahren hatte Offenbach erreicht, dass
der Landesentwicklungsplan für nichtig erklärt wurde. Damals tröstete sich die Landesregierung damit, der Regionalplan
sei wichtiger.
Jetzt, liebe Koch-Regierung, hilft nur noch eine Kehrtwende: Mit dem Gestümper beim Flughafenausbau
muss endlich Schluss sein. Die einzige Chance, ein völliges Debakel zu vermeiden, ist, mit der Region gemeinsam
eine vernünftige und verträgliche Perspektive für den Flughafen zu entwickeln. Dafür ist es höchste Zeit!