Streit um Beinahe-Katastrophe
Vertuschung oder Bagatelle – die missglückte Landung der Embraer 170
Die Frankfurter Neue Presse berichtet am 13.05.05 Von Georg Haupt
Frankfurt. Im Amtsdeutsch der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BfU) war die
Sache "eine schwere Störung eines ausländischen Luftfahrzeugs ohne Verletzte",
für den Flughafenbetreiber Fraport eher "eine Bagatelle, die nicht einmal der Pilot
richtig wahrgenommen hatte", während Fluglärm-Gegner Berthold Fuld dagegen sogar von
der Vertuschung eines Beinahe-Unglücks spricht. Sicher ist: Bis das Bad Homburger
Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung gegen Fluglärm gestern die Untersuchungen
der BfU zur missglückten Landung eines Embraer-Jets am 1. März auf dem Frankfurter
Flughafen öffentlich machte, war von dem gefährlich frühen Aufsetzen der Maschine,
bei der die mit 24 Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern besetzten Jets der
Alitalia schwer beschädigt wurde, überhaupt nichts bekannt geworden.
Für Flughafen-Pressesprecher Klaus Busch überhaupt kein Grund zur Panikmache.
Die Crew habe die Flugzeugbeschädigung überhaupt nicht bemerkt, sondern sie sei
erst auf der Parkposition der Fraport-Bodenmannschaft aufgefallen und dann routinemäßig
unter Einschaltung aller zuständigen Stellen behandelt worden. Eine Pflicht zur
Information der Öffentlichkeit habe das Unternehmen, das eine "Ermessensentscheidung
bezüglich des öffentlichen Interesses hat", danach nicht mehr gesehen. "Zumal die zu Bruch
gegangenen Lampen 18 Minuten später repariert waren", so der Fraport-Sprecher lakonisch.
Das sieht Berthold Fuld nun aber ganz anders und verweist auf die Untersuchungen der
Flugsicherheitsbehörden. In deren Bericht ist festgestellt, dass die Embraer beim
handgesteuerten Anflug um 22.18 Uhr etwa 90 Meter vor der Landebahn aufsetzte, dabei
fünf Markierungs-Lampen zerstörte und selbst Schäden an Fahrwerk, Rumpf und Landeklappen davontrug.
Die Ursache des Unglücks bleibt im Dunkeln, jedoch scheint der Pilot das Vorhaben,
im vorderen Bereich der Bahn aufzusetzen, um so möglichst schnell in die Abfertigung
zu kommen – der Flug hatte 30 Minuten Verspätung –, etwas zu genau genommen zu haben.
Zum Glück ist auch der vor dem eigentlichen Landebahnbereich liegende Teil bei östlichen
Anflügen noch betoniert, weil das Parallelbahnsystem in Frankfurt vor Jahren nach Westen
verlagert wurde. Hätte der Jet im weichen Gelände aufgesetzt, wären die Folgen
möglicherweise viel schwerer gewesen.
Während Fraport-Sprecher Busch die Havarie als "Flugzeugbeschädigung" bezeichnet
und keinesfalls von einem Luftzwischenfall sprechen will, glaubt Fluglärmgegner
Fuld, dass das Unternehmen einen Tag vor dem Ende der Einspruchsfrist gegen den
Landebahnneubau vor allem negative Schlagzeilen vermeiden wollte: "Da sollte etwas
vertuscht werden, was man zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gebrauchen
konnte." Dieser Darstellung widerspricht nun Flughafen-Sprecher Busch ganz
energisch: "Selbstverständlich hat die Fraport AG keinerlei Interesse daran,
Vorfälle wie den vom 1. März zu vertuschen oder zu verschweigen. Vielmehr ist
und bleibt es Politik des Hauses, die Öffentlichkeit über alle relevanten
Geschehnisse am Frankfurter Flughafen klar und wahr zu informieren."
Nach den Kriterien der Weltluftfahrtorganisation ICAO gehört "FRA" in die höchste
Sicherheitskategorie. Innerhalb von zwei Minuten kann die Feuerwehr an jedem Punkt
des riesigen Geländes sein und auch für Unglücksfälle außerhalb des Zaunes gibt es
einen detaillierten Alarmplan. Dennoch sind gelegentliche Notsituationen nicht
zu verhindern, wie etwa im Januar 1999, als ein vollbesetzter Jumbo der Air India
ein Drittel der Landebahnbeleuchtung abrasiert hatte.
Der
Originalartikel kann (vorübergehend) bei der
Frankfurter Neuen Presse abgerufen werden.
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