Ausbau wird auch für die Lufthansa gefährlich
Die OP veröffentlicht am 10.05.05 den STANDPUNKT von Dr. Ralph Baller
"Trotz zeitweise beeindruckender Wachstumsraten befindet sind die Luftverkehrsbranche in der Krise.
Spätestens seit der Liberalisierung des Flugmarktes herrscht ein verschärfter Wettbewerb.
Ein dramatischer Spar- und Sanierungskurs ist auch bei der Lufthansa unumgänglich.
Nicht nur die Billigflieger zwingen dazu, Kosten zu senken, auch Fluglinien aus Fernost
erhöhen mit aggressivem Wachstum den Konkurrenzdruck.
Um die Vormachtstellung auf dem deutschen Markt zu halten, ist es für die Lufthansa entscheidend,
dass sie die "Lufthoheit" über die Drehscheibe Frankfurt behält. Die Hubs sind das Schlachtfeld,
auf dem die nächste Runde im Kampf um Passagiere ausgetragen wird. Die Lufthansa kann hier nur die
Oberhand behalten, solange die Low-Cost-Carrier nach Köln, Hahn oder Berlin ausweichen.
Sobald es Billigfliegern gelingt, parallel zu fliegen, verliert sie ein Drittel ihres
Marktanteils. In Frankfurt kann derzeit die Konkurrenz durch die Begrenzung der Start-
und Landerechte noch nicht angreifen.
Dies ändert sich, wenn Frankfurt durch den geplanten Ausbau die Kapazität nahezu verdoppelt.
Fraport kann die für den Ausbau angesetzten 3,4 Milliarden Euro nur refinanzieren, wenn es gelingt,
die geschaffenen Kapazitäten zügig zu vermarkten. Lufthansa müsste sich auf einen Preiskampf
in Frankfurt einstellen. Ein weiterer Verlust im europäischen und im Interkontinentalgeschäft
würde drohen. Je mehr freie Slots, desto höher der Wettbewerbsdruck.
In dieser Situation kann es für Lufthansa nicht um den Aufbau neuer Start- und
Landekapazitäten gehen. Vielmehr ist eine Marktbereinigung durch Übernahmen und
strategische Partnerschaften angesagt. Dabei geraten die Überkapazitäten der
Flughäfen in den Fokus. Dies zeigt das Beispiel Zürich, wo die Lufthansa mit der
Übernahme der Swiss-Air plötzlich einen dritten Hub bedienen muss. Statt einen
Mega-Hub in Frankfurt aufzubauen, muss die Fluglinie jetzt eine vernünftige
Verteilung ihres Interkontinentalverkehrs zwischen Frankfurt, München und Zürich
organisieren. Die These, dass es für die Lufthansa einen Kapazitätsengpass gibt und
Frankfurt dringend ausgebaut werden muss, ist damit nicht mehr zu halten: Für die Lufthansa
und ihre Mitarbeiter wäre der Ausbau geradezu gefährlich, denn die Airline würde sich mit
Engagements an drei Hubs übernehmen. Es ist deshalb ratsam, die neue Landebahn auf Eis
zu legen, zumal die Fluglinie sich darauf verlassen kann, dass ihr in Rhein-Main erhebliche
Kapazitätsreserven zur Verfügung stehen. Ein weiterer Grund für die Airline, auf Distanz zum
Ausbau zu gehen, sind die trüben Perspektiven der Drehkreuze schlechthin. Analysten sind sich
einig, dass die Hubs zugunsten von Direktverbindungen an Attraktivität verlieren. Sie empfehlen
Lufthansa-Aktien zu verkaufen, solange die Deutschen am veralteten Hub-System festhalten und
Überkapazitäten nicht abbauen. Das Problem der Hubs liegt darin, dass sie Umsteigeverkehr
erzeugen, der den Durchschnittsertrag pro Passagier sinken lässt. Zudem wird Umsteigen
immer weniger akzeptiert. Lufthansa hat mehrere Gründe zum Gegner des von ihr vor zehn
Jahren initiierten Ausbaus zu werden. Der 450 Seiten umfassende Einspruch gegen die Nordwestbahn
ist ein eindeutiges Signal."
Dr. Ralph Baller ist Sprecher des "Bündnisses der SPD-Ortsvereine für Alternativen
zum Flughafenausbau", Stadtverordneter in Offenbach und Vorstandsmitglied im
Ortsverein Innenstadt. Ihn wundert nicht, dass die Lufthansa im laufenden Planfeststellungsverfahren
Einwendungen gegen die geplante Kapazitätssteigerung des Flughafens erhoben hat. Die Offenbach Post
veröffentlicht - leicht gekürzt - seine Stellungnahme.
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