Reden auf der Aktion am 12. August 2001

 

Dr. Ralf Roth, als Vertreter der Initiativen

Liebe Offenbacher!
Wir sind begeistert von dem großen Zuspruch, den die Aktion - "Wir setzen ein unübersehbares Zeichen" und der "Offenbacher Aufruf gegen Fluglärm" in dieser Stadt und in der Region gefunden hat.
Die große Resonanz in der Öffentlichkeit hat unsere kühnsten Erwartungen bei weitem übertroffen. Es wurden weit über tausend Laken in allen Formaten, Bett- oder Kopfkissenbezüge gesammelt. Damit wurde es möglich, den Schriftzug: "Fluglärm macht krank" in 12 Meter großen Buchstaben zu legen. Insgesamt ist das ausgelegte Protesttransparent 120 Meter lang und 50 Meter (6000m²) tief. Es ist das größte Protesttransparent, das jemals in Deutschland entfaltet worden ist.

An den Sammlungen haben sich Hunderte von Offenbachern, vor allem aber Offenbacherinnen, beteiligt. Unser Dank gilt Ihnen und all den zahlreichen Helfern, den Sponsoren - wie der GBO, dem Jazz e. V., der Umzugsfirma Knecht und all denen, die nicht genannt werden wollten.

Unser Dank gilt ganz besonders den Kirchen und natürlich den Schirmherrinnen und Schirmherren, die sich gleich zu Beginn der Aktion spontan bereit erklärt haben, diese Aktion zu unterstützen. Wir bedanken uns auch bei unserem heutigen Hausherrn, dem Ballspielclub Offenbach, für die großzügigen Rahmenbedingungen für die Aktion.

Von all den weit über 100 Personen, die viele Stunden ihrer Freizeit geopfert haben, möchte ich an dieser Stelle vier Offenbacherinnen besonders erwähnen: Marion Eckert, Monika Pröse, Ingrid Wagner und Beate Breimer. Ohne Ihr Engagement und ihre Sammelleidenschaft wäre der Erfolg nicht zustande gekommen. Solange Offenbach solche Frauen hat, ist die Sache nicht verloren.

Die Sache, das ist die seit über 30 Jahren stets zunehmende Flugverlärmung in dieser Stadt, die heute ein Niveau erreicht hat, das bei bestem Willen nicht mehr zu ertragen ist. Weite Teile der Stadt werden heute von Fluglärm in Permanenz eingeschlossen. Die Last und das Leiden beginnt Tag für Tag tief in der Nacht um 4 oder 5 Uhr und endet in der darauffolgenden Nacht noch nicht um 11, 12 oder ein Uhr.

Die von vielen außerhalb Offenbachs als Belästigung abgetane massive Beeinträchtigung der Lebensqualität ist unerhört. Es ist keine kleine Störung des Wohlbefindens - es geht an die Substanz.
"Fluglärm macht krank" das bestätigen alle Mediziner unisono.
Trotzdem wird das Problem weiterhin verniedlicht und weiter an der Schraube der Verlärmung gedreht. Allen voran der Ministerpräsident des Landes Hessen, Herr Koch. Herr Koch kam vergangenes Jahr in die Stadt, maß mit einem kleinen Handgerät den Lärm und befand ihn als typisch für eine Industrieregion. Es war derselbe Herr Koch, der als in seiner Nachbarschaft sein eigener Tennisclub feierte, die Polizei rief, als noch nach 22 Uhr gefeiert wurde. Herr Koch fühlte sich in seiner Ruhe gestört. Herr Koch Sie messen mit zweierlei Maß.

Wenn Politiker so versagen, muß der Bürger die Geschicke selbst in die Hand nehmen. Was kann gegen den Fluglärm unternommen werden?

  1. Fluglärmbeschwerden: In Offenbach wird sich zu wenig beschwert. Das ist angesichts des 30jährigen erfolglosen Kampfes gegen die Zunahme des Fluglärms verständlich. Dennoch schadet es der Stadt und seiner Lebensqualität. Wir leben in einer Ellenbogengesellschaft und wer nicht schreit, wird untergepflügt.

    Sie erleben dies aktuell an der Diskussion über den neuen Fluglärm in der Taunusregion. Das mediale Interesse richtet sich auf diese Gemeinden. Nicht auf die Hochgebirge des Lärms wie in Offenbach. Das ist eine Folge der Beschwerdeaktivitäten.

    Aus einer bescheidenen Gemeinde wie Glashütten sind allein im Juli über 8000 Beschwerden bei Fraport eingegangen. Insgesamt waren es im Juli fast 34.000 - ein absoluter Rekord und ein großer Erfolg der Ausbaugegner. Die in der ganzen Welt einsehbare Statistik im Internet zeigt deutlich: Der Flughafen Rhein-Main lebt im Unfrieden mit seinen Nachbarn - das ist schlecht für sein Image und für den Börsenkurs.

    Aus Offenbach kamen im Juli jedoch nur 188 öffentlich einsehbare Fluglärmbeschwerden. Offenbacher, das ist zuwenig! Es erweckt den Eindruck, als hätten sich die Menschen hier mit dem Lärm arrangiert. Die Folge: noch mehr Lärm wird auf diese Stadt abgedrückt.

    Wir wissen aus Hunderten von Gesprächen - an Infoständen, bei der Bettlakensammelaktion - wie sehr die Menschen in dieser Stadt unter dem Fluglärm leiden. Der übergroße Zuspruch zur Aktion hat das Eis der Resignation gebrochen. Er ist Auftakt zum offensiven Widerstand gegen den Fluglärm.

    Offenbach hat über 100.000 Einwohner und muß tagtäglich über 600 Überflüge verkraften. Das sind 60 Millionen Anlässe zur Klage. Gründe gibt es genug: Beschwert Euch!

    Beschwerdekärtchen liegen an den Infotischen aus.

  2. Fluglärmmessungen: Offenbach ist trotz seiner Fluglärmbelastungen aus allen großspurig angekündigten Programmen der Landesregierung und von Fraport herausgefallen. Die Dezibel würden nicht ausreichen.

    Genauso verläßlich wie die Reden der Landespolitik sind die Daten, die Fraport an einigen festen Punkten in dieser Stadt selbst erhebt. Diese Anlagen sind mittlerweile 30 Jahre alt. Sie erfassen den Startverkehr nur unzulänglich und viele Überflüge überhaupt nicht. Das ärgste Übel ist jedoch: Hier mißt der Verursacher und wird nicht kontrolliert.

    Es wundert uns nicht, daß bei allen Gelegenheiten, wo wie in Hanau, Neu-Isenburg, Gelnhausen und jüngst in Kelkheim von unabhängigen Gutachtern gemessen wurde, der Fluglärm doppelt so hoch war, wie vom Verursacher angegeben.

    Deshalb fordern Sie mit uns - z. B. mit ihrer Unterschrift auf den Listen an den Infotischen - unabhängige Fluglärmmessungen.
    Unabhängige Fluglärmmessungen unterstützen die Klagen der Stadt Offenbach gegen den Nachtflugverkehr und die bevorstehenden Klagen des in Offenbach gegründeten Instituts zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Lärm.

  3. Engagement im Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren: Im Herbst beginnt das Raumordnungsverfahren als erster Schritt der Planfeststellung zum Ausbau des Frankfurter Flughafens. Mediation, Abstimmung der Landespolitiker und Votum des Ministerpräsidenten: All das waren nur Vorgeplänkel - ohne juristische Bindung. Jetzt geht es um die Wurst, um das Schicksal dieser Stadt und der Region und um die Verhinderung von noch mehr Fluglärm.

    Die Initiativen werden darüber informieren und Vorschläge erarbeiten, was getan werden kann. Dafür brauchen wir helfende Hände, kreative Köpfe und den einen oder anderen Euro. Engagieren Sie sich also beim Aktionsbündnis gegen Flughafenausbau, der Bürgerinitiative Luftverkehr Offenbach oder bei der Offenbacher Vereinigung gegen Fluglärm - für jede Spende sind wir dankbar.

    Die Initiativen stimmen nicht in allen Details und jedem Punkt überein, aber in einem Punkt sind sie sich absolut einig:
    Der Fluglärm in Offenbach darf nicht mehr, er muß weniger werden. Die gemeinsame Aktion hat gezeigt, was erreicht werden kann, wenn alle zusammen ein Ziel verfolgen. Weiter so!

Stopp Fluglärm

OF Offenbach ohne Fluglärm